Geflüchtete Ukrainerinnen berichten

5. Juli 2022 0 Von Alfred Honisch

15. Ukraine-Demo fordert Weiterbetrieb der Berufsschul-Kleiderkammer

„Wir sind nicht einfach so gekommen, wir sind am 21.Februar von Bomeneinschlägen aus unseren Betten gerissen worden“, berichtet Alina, die junge Ukrainerin aus Charkiw, mit tränenerstickter Stimme.
„Eine Stunde hatten sie Zeit, das Nötigste zu packen, dann begann ihre Flucht mit dem Auto, Richtung Westen“, übersetzt Felix Schimke an diesem Montagabend, auf dem Weilheimer Kirchplatz, zwei Augenzeugenberichte.

„Meine Seele ist gebrochen, weil meine Verwandten in der Ukraine geblieben sind. Jeden Tag schlagen bis zu sieben Raketen ein und zerstören komplett alles, egal ob Kindergarten oder Schulen, so schreiben sie mir übers Handy“, sagt Alina.. Dennoch hat der Bürgermeister es geschafft, die Stadt Lwiw zu verteidigen. Auch möchte ich mich bei Ihnen bedanken, für Ihre Großzügigkeit. Denn wir Kriegsflüchtlinge hatten Angst, wie Aussätzige in einem fremden Land behandelt zu werden.
Auch Maria, ebenfalls eine junge ukranischen Mutter, kommt zu Wort. „Ich kann allem, was Alina geschildert hat, nur zustimmen. Zu meinem Ehemann, er ist Polizist und aktuell im Katastrophenschutz tätig, suche ich täglich Kontakt übers Handy. Mein sehnlichster Wunsch ist es, meine Kinder wieder zu sehen!“ 

Beklemmendes Schweigen macht sich unter den 20 Teilnehmerinnen bei der 21. Mahnwache, hier auf dem Kirchplatz, breit. Alice Lintl, die Koordinatorin der Kleidersammlung für ukrainische Flüchtlinge im Keller der alten Berufsschule in Weilheim umarmt beide Frauen und spendet ihnen spontan Trost.
Die Berufsschule muss aufbleiben“, beginnt sie ihr Statement, angesichts dieses emotional berührenden Augenblicks. „Die Kleiderkammer ist für viele Frauen ein Ort zum gegenseitigen Austausch, ja ein Art Chance der Traumatabewältigung, nicht nur für die Frauen sondern auch für die Kinder! Setzen Sie sich dafür ein, lautet ihr Appell, dass dieser Treff nicht wegen Personalmangels geschlossen werden muss!“ Denn es fehlt Interessierte, die täglich um 15 Uhr aufsperren, ganz besonders jetzt in der Urlaubszeit.

Zum Repertoire des Montagstreffs gehört mittlerweile auch der Beitrag „10-Minuten-Geschichtswissen“ mit Bernhard Kerscher. Er referiert heute über die Historie der Ukraine im 13. Jahrhundert. Als markanten zeitlichen Fixpunkt macht er diesmal die Entwicklungen im Gebiet des Dnjepr aus. Von der Magna Charta ist die Rede, als Wendepunkt bei den Menschenrechten, wegen der autoritären Haltung von Königen und Baronen gegenüber ihren Untertanen, speziell in England! War das doch die erste Bürgerrechtsurkunde in europäischen Ländern. Einer revolutionäre Vereinbarung zwischen Herrschenden und dem „Pöbel“ im Westen, die man so im Osten des Dnjepr jahrhundertelang nicht kannte. Ein Faktum, das Kerscher mit der geringen Wertschätzung von Menschenrechten, bis in die heutige Zeit, in Zusammenhang bringt! Die Ukraine sei immer ein zerrissenes Land gewesen, dass sich im Einflussbereich Mitteleuropas, Russlands und des Schwarzmeerraumes befand. Im Spannungsfeld von „Großrussen, Weißrussen seien sie immer die Kleinrussen gewesen“. 

Felix Schimke, zusammen mit seiner Frau Myroslava, wurde in seiner Wortmeldung nicht müde den Versammelten klar zu machen, dass diese Mahnwache durchaus etwas „bringe“! 
Etwa die landkreisweite „Ein-Euro-Spendenaktion„, welche aktuell 120.000 EURO zusammengebracht habe.
Dann, das Feuerwehrfahrzeug, gespendet von der Gemeinde Kinsau, für die ukrainischen Stadt Tultschyn. Ein Kraftakt, den die Bürgermeister Martin Pape aus Polling und Werner Grünbauer aus Pähl stemmten. (–> mehr, siehe: Positiver Blickwinkel, WM-Kreisbote v. 2.7.22)
Im Rahmen seiner „lasst Bilder sprechen-Aktion“ zeigte er – zum Entsetzen der Anwesenden – Bildkopien von Nagelbomben, die getarnt als Kinderspielzeug (Plüschtiere) entdeckt wurden.
Ganz typisch, am Ende des Treffens, ein Spendenaufruf an die Versammelten, der geschätzt ca. 200 EUR einbrachte und in Form einer weiteren Medikamentenlieferung in die Ukraine geht. Das „Patron-T-Shirt“! Der Minensuchhund hat zwischenzeitlich Kultstatus erreicht, mit seiner Trefferquote beim Aufspüren von feindlichen Minen. Für jeweils 20 Euro waren gegen 19:30 Uhr fast alle „L-Sizes“ verkauft.

ah