Kommentar zur „Allerheiligen-Kolumne“* v. Dirk Ippen
1. November 2021„me-too„-Affaire bei BILD bleibt Merkur-Leserschaft komplett verborgen
Schon bemerkenswert, eher scheinheilig, wie MM-Herausgeber Dirk Ippen (81) in seiner Kolumne „WIE ICH ES SEHE“, Allerheiligen und Allerseelen zum Anlass nimmt, „uns unsere lieben Toten“ wieder näher in die Erinnerung zu rufen.
Hätte er mal besser an die Leiche im eigenen Keller gedacht, nämlich die „me-too“-Affaire des BILD-Chefredakteurs Reichelt, beim Springer-Konzern. Die hält Ippen nämlich seit Wochen vor den Leserinnen und Lesern seines Münchner Merkurs, der FR und der tz versteckt!
Warum Ippen eine Steilvorlage von dieser Tragweite journalistisch komplett in Aus schickt?
Sagen wir mal so: Verleger Ippen – vom Typ her eher ein Medien-Gutsherr alter Schule meinte wohl, für das „Gesinde“, sprich seine Leserschaft, habe das Thema „sexistisches Arbeitsklima“ bei BILD – praktisch Null Informationswert!
Obwohl selbst „ Ippen Investigativ“, sein eigenes Recherche-Team, den mutmaßlichen Machtmissbrauch gegenüber Frauen durch den BILD-Chefredakteur bestätigt sah, verhinderte Ippen letztendlich persönlich eine Veröffentlichung!
Die Ippen-Mediengruppe wollte mit der Veröffentlichung brisanter Erkenntnisse der Konkurrenz, dem Springer-Konzern, „wirtschaftlich nicht schaden“! So eine dpa-Meldung dazu. Soviel christliche Nächstenliebe in der Medienbranche war noch nie, Herr Ippen!
Das Motiv? Vermutlich klassisches „hilfst du mir, helfe ich dir!“, ganz oben, im deutschen Zeitungswesen.
Dem Springer-Verlag hätte Kritisches wie „me-too“ in seiner Chefetage ein geplantes US-Geschäft des Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner vermasseln können. Aus der Übernahme der US-Mediengruppe „Politico“ wäre dann nichts geworden! Und den „König der Käseblätter“, Dirk Ippen, der landauf und landab bankrotte Lokalblätter aufkaufte und damit groß wurde? Er hat mit seinem Maulkorb-Erlass gegenüber den Redaktionschefs seiner Blätter „zukünftig wohl einiges gut“, speziell beim Springer-Verlag.
Apropos kritische Zeitungsredaktionen.
Ippens Star-Kommentatoren Anastasiadis und Deutschländer, vom Münchner Merkur, fallen mir dazu ein. Üblicherweise zwei Frontmänner, deren Meinung in der „Facebook“-Abteilung des MM – den Leserbrief-Seiten – tagtäglich überschwänglich gehuldigt wird!
Nichts, absolut nichts konnte sie dazu bewegen, auszuscheren und zu wagen, dem Fall „Julian Reichelt“ Öffentlichkeit zu geben. Warum auch?
Wenn es keine Berichterstattung dazu im eigenen Blatt geben darf, gibts auch nicht zu kommentieren. Mir fällt da nur noch das unschöne Wort vom „Kadavergehorsam“ ein!
„Kein Wesen kann zu Nichts zerfallen“, so Ippens Erkenntnis in seinem „Allerheiligen-Sechs-Spalter“! Besser wäre es gewesen, allen Vertuschungs-Profis einen Spiegel ihres Tuns vorzuhalten! Profitgeleitetes „Verschweigen“ unangenehmer Wahrheiten ist… Lüge! Darüber hätte sich Ippen christlich-philosophisch ausbreiten sollen. Leider Fehlanzeige!
*) Allerheiligen-Kolumne v. Dirk Ippen im MM am 30./31.Okt./1.Nov. 2021, S.4