Weilheims Stadt-Haushalt 2022
8. Februar 2022Haushaltssitzung kein Grund zum Lachen, Etats genehmigt, sogar gesungen wurde
- Überdurchschnittlich hohe Gewerbesteuereinnahmen fließen nicht in die Rücklagen
- 4-jährige Finanzplanung weist 2025 ein 27,27 Millionen-Defizit aus
- Neue Einnahmequelle: Folgekosten- und Wertabschöpfungsmodell für Bauinvestoren
Für das diffizile Zahlenwerk, vom Umfang her heuer mehr als 450 Seiten stark, brauchte es diesmal drei, statt der üblichen zwei Vorberatungen. Erst gestern, gut anderthalb Monate später als sonst, konnte Weilheims Stadthaushalt mit einem Volumen von knapp 100 Millionen EUR mehrheitlich verabschiedet werden.
Für Tillmann Wahlefeld (BfW), der mit seinem Beitrag den Reigen von acht Haushaltsreden startete – entsprechend der Anzahl der im Stadtrats vertretenen Parteien und Gruppierungen – „bilden die Zahlen die typische Entwicklung eines Oberzentrums aus finanzieller Sicht ab!“
Steigende Gewerbesteuereinnahmen (11,5 Mio. EUR) werden durch hohe Umlagen (16,12 Mio. EUR), Personalkosten (9,9 Mio. EUR) und Ausgaben bei der Kinderbetreuung (7,8 Mio. EUR für BayKiBG-Ausgaben) aufgezehrt.
Die Attraktivität als Oberzentrum bedeute für die Weilheim vor allem eine massive Bautätigkeit, „die alle Bereiche der Infrastruktur finanziell zunehmend belaste“, so Wahlefeld. Als notwendige Reaktion darauf sprach er sich für ein „Folgekosten- und Wertabschöpfungsmodell„ aus, bei dem Inves-toren zukünftig „für städtische Infrastrukturmaßnahmen, die sie auslösen“, zur Kasse gebeten werden!
Bei aller Ernüchterung oder gar Enttäuschung, vor allem wegen des schmerzlichen Verzichts auf die millionenteure Renovierung des Stadttheaters, gelte es Zuversicht zu bewahren. Das tue er damit, „endlich mal im Stadtrat singen zu können!“ A capella trug er das Lied „Das bisschen Haushalt“ vor, das in den 1970er Jahren, gesungen von Johanna von Kocian, zum Schlager wurde.
„WM wächst zu schnell“, konstatierte Marion Lunz-Schmieder (CSU). In der gut 10 minütigen Rede, dem damit längsten Redebeitrag, kritisierte sie die Entnahme von 2 Millionen EUR aus den Rücklagen, um den Haushalt schlussendlich genehmigungsfähig zu machen. Denn, so Lunz-Schmieder, „Pleite gehen ist nicht sexy!“ In ihrem Ausblick verwies sie darauf, „zukünftige Haushalte nachhaltiger zu gestalten!“
Für die Grünen im Weilheimer Stadtrat legte Brigitte Gronau ebenfalls deutlichen Wert auf ein Folgekostenmodell, quasi als eine neue Einnahmequelle der Stadt, „sobald man Investoren Baurecht gewährt!“.
Ausdrücklich verwies sie auf die Anstrengungen der Stadt, den Auswirkungen des Klimawandels gerecht zu werden. So seien im 4-jährigen Finanzplan bis 2024 über 6,4 Mio. EUR für die Ertüchtigung des Abwasserkanalnetzes unerwartet einzuplanen gewesen, um lokale Starkregenereignisse bewältigen zu können!“ Die Umstellung des Stadtbusverkehrs auf umweltfreundlichen Elektroantrieb schlage sich durch hohe Ausgaben (0,7 Mio EUR) für die Stadtwerken nieder, „sei aber sinnvoll!“
Horst Martin, der für die SPD sprach, kritisierte die Budgetverschiebung beim Radverkehrskonzept auf die nächsten Jahre. Außerdem, „Der geplante Grundschul- und Hallenbad-Neubau rückt wegen des umgeschichteten Haushalts in sehr weite Ferne!“
Namens der Freien Wähler (FW) kritisierte Romana Asam die hohen Ausgaben für die Stadtwerke. 5,88 Mio. EUR müsse die Stadt dorthin überweisen. Insbesondere die Stadtentscheidung pro Elektrobusse missfiel ihr. „Wir bevorzugen die Wasserstofftechnologie als Antriebsform für Weilheims Stadtbusse!“, so ihr Fazit.
Für die zwei Vertreter der ödp ergriff Saro Ratter das Wort. Seine Kritik bezog sich einzig auf die Mittelkürzung für den Radwegebau. „Großspurig habe man 2019 jährlich 500.000 EUR versprochen, jetzt sind es gerade einmal 40.000 EUR pro Jahr. „Das ist alles andere als zukunftsweisend!“, so Stadtrat Ratter.
Nach anderthalb Stunden Redebeiträgen wurde dem Haushalt 2022 schließlich mit nur zwei Gegenstimmen zugestimmt. Der auf vier Jahre angelegte Finanzplan erhielt dagegen einstimmige Zustimmung.
Wo gehen Weilheims Millionen hin!
Was die Stadt mit 50,91 Mio. EUR im Verwaltungshaushalt alles bezahlen muss, obwohl die Einnahmen nur 49,94 Mio EUR betragen: